Dienstag, 11. November 2014

Die Schattenseite einer Reise über die Niemand spricht

7. März 2014 - Wanaka Lake Front, New Zealand


Ich glaube es ist kein Geheimnis, dass einen eine Reise verändert. Und damit meine ich nicht den Urlaub nach Spanien mit Mama und Papa sondern "ich packe meine sieben Sachen" und lasse alles hinter mir um etwas Neues außerhalb meiner Komfort-Zone kennenzulernen. 

Man bekommt die Möglichkeit die Welt sehen, Abenteuer zu erleben, neue Leute kennenzulernen, sich zu verlieben und neue Kulturen zu entdecken. Und dann kommt man wieder nach Hause und plötzlich ist alles vorbei.


Ich finde es äußerst interessant, dass man grundsätzlich auf Blogs "Tips und Tricks" für den Abschied von Zuhause findet, aber kaum Artikel, die sich mit der Heimkehr beschäftigen.

Was passiert eigentlich wenn man nach einer langen Reise wieder nach Hause kommt?
Wenn ich von meiner Reise quer durch Neuseeland erzähle, erzähle ich (wenn ich darauf angesprochen werde) unter anderem auch immer wie schwer es war in der Hauptsaison einen Job zu finden, von gruseligen Hostel-Aufenthalten in Christchurch mit durchgelegenen und äußerst übel riechenden Matratzen, wie ich verzweifelt in Kaikoura im strömenden Regen am Straßenrand nach einer Mitfahrgelegenheit gesucht habe und wie es war tagelang ohne heißes Wasser auszukommen. Aber um ehrlich zu sein sind das alles Dinge mit denen ich umgehen konnte und im Nachhinein bin ich froh, diese Erfahrungen gemacht zu haben. Diese "Tiefpunkte" in meinem kleinem Abenteuer werden von den ganzen Höhepunkten meiner Reise überstrahlt und spielen für mich gar keine Rolle mehr. 
Der Abschied von Queenstown, meinen Mitbewohnern und Freunden war ausgesprochen hart, besonders als ich tatsächlich den letzten Schritt gewagt habe und mein Flugticket nach Hause in der Hand gehalten habe. 
Es sind viele Tränen geflossen und es fiel mir schwer einzusehen, dass mein Abenteuer nun endgültig vorbei war aber gleichzeitig war die Vorfreude auf meine Zuhause riesig. 


Dann kommt man nach Hause und die Begrüßung ist genauso wie man es sich ausgemalt hat. Die ersten Wochen gibt es das große Wiedersehen mit der Familie, Freunden, usw. und man steht komplett im Vordergrund. Obwohl ich es immer gehasst habe im Mittelpunkt zu stehen war das nun mal etwas anderes. Und plötzlich ist alles… einfach weg.

Jeder gewöhnt sich daran, dass man wieder Zuhause bist und man ist nicht mehr Mittelpunkt der Gespräche. Und dann kommen die Fragen: "Wie sieht's eigentlich jetzt mit dem Job aus" oder "Was ist dein Plan","Hast du einen Freund".
Man sitzt in deinem Kindheitszimmer und plötzlich wird einem schlagartig bewusst, dass sich absolut nichts verändert hat. Natürlich freut man sich, dass alle gesund sind - Menschen um dich herum haben sich verlobt, deine Arbeitskollegin ist schwanger geworden, etc. aber eigentlich möchtest man einfach nur schreien "SEHT IHR NICHT WIE ICH MICH VERÄNDERT HABE?". 
Und damit meine ich nicht Gewicht, Haare oder das Äußere. Ich meine das, was einen im Inneren ausmacht. Wie die Träume sich geändert haben, wie die Wahrnehmung der Welt sich geändert hat, wie man andere Menschen anders wertschätzt als vor der Reise und wie man selbst die schlechten Gewohnheiten vor der Reise aufgegeben hat. 
Man möchte, dass alle das erkennen, man möchte es mit Familie und Freunden teilen und mit Anderen darüber diskutieren aber man kann gar nicht wirklich erklären wie sehr man sich eigentlich verändert hat. Man ist sich vollkommen bewusst, dass man anders denkt als vorher aber wie kann man das Anderen (die nicht dabei waren) klarmachen? 


Ich war schrecklich sauer. Und ich habe mich allein gefühlt. Irgendwie verloren. Und kurze Zeit habe ich mir versucht einzureden, dass meine Reise nach Neuseeland umsonst war weil sich nichts verändert hat - aber wie kann es umsonst gewesen sein wenn ich mich so sehr verändert habe?

Gibt es eine Lösung für dieses Problem?


Wenn ich erklären müsste wie ich mich zur Zeit fühle würde ich folgendes erzählen: Ich habe das Gefühl als hätte ich eine neue Sprache gelernt und niemand (Zuhause) spricht sie außer mir. Niemand versteht mich (und das ist kein pubertäres Gerede). 

Das ist der Grund warum der Spruch "once the travel bug bites there is no known antidote" absolut wahr ist. Es gibt kein Gegengift, es gibt keine Lösung auf dieses Problem, dass man plötzlich schreckliches Fernweh verspürt. Und das jeden Tag.
Wenn ich mir das alles genau überlege geht es eigentlich nur darum wieder zurückzukehren - allerdings in die Welt, außerhalb der Komfort-Zone, dort wo Andere die selbe Sprache sprechen, die ich seit meiner ersten Reise spreche und die Zuhause niemand versteht. 

Das ist die größte Schattenseite am Reisen und der Grund wieso ich bei jeder Gelegenheit wieder das "Weite" suchen werde.